Tag 149: Ilishan – Benin City

 

Nigeria zeigt sich nicht von seiner besten Seite. 

Der Verkehr ist aggressiv, die Abgasbelastung enorm. Die Straßen sind nur abschnittweise gut, meist gibt es Schlaglöcher und tiefe Spurrillen.

Auf der Strecke von Ilishan nach Benin City haben wir mindestens 30 Kontrollen. Polizei, Militär, manchmal auch irgendwer. Aber immer mit Schlagstöcken oder gar Golfschlägern. Da fährt man nicht einfach weiter. Es liegen Barrikaden auf der Straße, es wird einspurig, es beginnt ein unsägliches Gequetsche. Wenn man dann rein gelassen wird, ist es eher notwendiges Übel denn Freundlichkeit.

Meist werden wir, wie gestern, durch gewunken – mit einem Blick auf die kleine Kamera auf dem Armaturenbrett und das deutlich gezeigte Handy. Aber vielleicht gibt es auch eine Ansage, Touristen nicht mehr zu schröpfen – die Freundlichkeit wirkt manchmal fast einstudiert. Möglicher Weise profitieren wir von der Verurteilung von zwei Polizisten, die ein paar dänische Motorradfahrer um Geld angegangen waren. Veröffentlicht hat das Video Itchy Boots und die ist in Afrika ziemlich bekannt und hat weltweit einige Millionen Follower.

Trotzdem, ein paar mal werden wir nach Wasser gefragt, wobei nie klar ist, ob wirklich Wasser gemeint ist oder es eigentlich um Geld geht (what did you bring for us). Einmal haben wir auch einen ziemlich gedopten Knallkopf, den Wolle zum Schluss mit „we bring our smiles for you and our prayers“ besänftigt bekommt. Irgendwie alles seltsam. 

Etwa 60 km vor Benin City versuchen ein paar Kerle uns reinzulegen. Wir werden aufgeregt darauf hingewiesen, dass mit unserem Auto etwas nicht in Ordnung sei und sehen beim prüfen vorn rechts an der Bremse Öl. Ist schnell zu reparieren, wird uns gesagt – ist aber fake. Das Öl muss uns jemand bei der vorherigen offiziellen Kontrolle an die Felge gespritzt habe.

Diese private Wegelagerei in unmittelbarer Sichtweite zu Offiziellen zeigt, wie disfunktional der Staat ist.

Die Umgebung ist öde, was zur Stimmung passt. Palmen-Plantagen, Kautschuk-Plantagen, Müll, chaotische Wohngegenden. 

An der Strecke, die wir fahren, ist pausieren unmöglich, wir schaffen gerade mal einen Fahrerwechsel. So geht der Tag, wie gestern, mit ein paar Nüssen, etwas Kuchen und Wasser dahin. Das Frühstück war mit einem Toast, einem Ei und einem Becher Tee auch etwas mager.  Die Nudeln mit scharfer Soße gestern hatten allerdings satt gemacht. Und heute essen wir am frühen Nachmittag im Hotel einen Rest Risotto. Hilft erst einmal. Aber an unserer Ernährungsstrategie müssen wir noch arbeiten.

Wir fragen nach der Speisekarte des Restaurants hier und bekommen ein schickes Heftchen ausgehändigt. Bei der Order wird dann klar, dass es ausser Jollof Rice gar nichts gibt. Warum man dann die Speisekarte zeigt? Schulterzucken. Unser Fehler: Wir haben nach der Speisekarte gefragt und nicht danach, was es gibt. Abends stellen wir fest, dass ein anderer Gast anderes ißt. Wobei: Jamswurzel und scharfe Soße ist nun auch nicht besser als Jollof Rice. Dafür knallt das Bier. Guiness Foreigners Stout, offenbar das meistgetrunkene Bier hier, hat 7,5%!

Was uns sonst noch so durch den Sinn geht:

Wir kaufen Chips für 3.500 und sehen Jobangebote für bspw. Putzkräfte und Rezeptionisten für 4.500 bis 7.000 Nira Tageslohn.

Die Hotelangestellten haben etwas devotes, körpersprachlich eher geprügelt, denn eine Verbeugung oder ein Knicks.

Wir werden mit Ebu oder Oibu angesprochrn, Es ist wie ein Reflex. Meint „Weiße“, soviel haben wir auf Nachfrage herausgefunden. Ob es freundlich oder neutral oder abfällig ist, wissen wir nicht. Selbst wenn man sich auf die Ansprache hin umwendet und jemandem direkt in die Augen schaut und ein „Welcome“ entlockt, ist das irgendwie nicht nett. 

Es fehlt hier die Freundlichkeit, die wir in allen anderen Ländern bisher empfunden haben.

Und übrigens: Wir sind in der Kernregion des ehemaligen Königreiches Benin, hierher sollen die Bronzen aus Europa zurück kommen. Ein Museumsneubau ist begonnen, das alte Museum geschlossen. Es wäre innerhalb eines Kreisels liegend wegen des Verkehrs sowieso nur unter Lebensgefahr zugänglich gewesen.

So bleiben ein paar Bilder von Statuen, welche die Historie darstellen und die um den Kreisverkehr angeordnet sind. Und zudem ein leicht ungutes Gefühl, was den Verbleib der wunderbaren Benin-Bronzen aus dem Restitutionsprogramm angeht.

Nigeria zeigt sich nicht von seiner besten Seite. Wir fühlen uns zum ersten Mal auf unserer Reise nicht ganz wohl.