Was fehlte?
Im Grunde nichts existentielles. Wenn wir gefragt wurden, was wir vermissen, fielen uns als erstes unsere Freundinnen und Freunde, Nachbarinnen und Nachbarn und einige ehemalige Kolleg*innen ein.
Neben den zuhaue gebliebenen Menschen vermißten wir Brot und Käse. Uns fehlte manchmal die heimische Küchenausstattung oder ein komfortables Badezimmer. Und wir vermißten oft die Unkompliziertheit, mit der bei uns in Deutschland viele Dinge zu erledigen und zu besorgen sind.
Der menschliche Faktor
Spannend und ein für uns ganz wichtiger Teil der Reise waren die Begegnungen mit anderen Menschen. Wir haben viele tollen und unterschiedliche Leute getroffen und wir haben viel gelernt. Sei es im Gespräch mit Einheimischen oder Expads, sei es im Austausch mit anderen Reisenden.
Schade war, dass wir kein Französisch sprechen – aber auch in diesen Ländern hat die Kommunikation funktioniert. Mit Google Translate, mit Händen und Füßen, non verbal mit Blicken und Lachen und Gesten.
Und auch wir beide miteinander sind gut klar gekommen. 216 Tage, 24 Stunden, ein Raum. Nur wenn wir beide gleichzeitig gestresst waren oder angeschlagen, dann wurde es manchmal atmosphärisch angespannt. Kein Wunder bei den Herausforderungen, denen wir uns gestellt haben.
Rein und raus: Visa und Grenzen
Wir haben uns alle Visa unterwegs geholt, da wir nicht wussten, wann wir wo sein werden und ob wir überhaupt durchfahren. Enorm geholfen hat hier die Overlander Community, speziell iOverlander, denn die Bedingungen für den Erhalt von Visa ändern sich ständig Einen guter Überblick bietet auch diese Webseite.
Und Achtung: Unabhängig davon, wie lange ein Visum theoretisch gültig ist, kann der Grenzbeamte die Aufenthaltszeit reduzieren.
Die Kosten für Visa sind hoch. Da man für die Visa oft in Metropolen fahren muss, haben wir meist einen „Eilzuschlag“ bezahlt, um die Visa am nächsten (selten am selben Tag) zu bekommen.
Wichtig: Euro bzw. in erster Linie US-Dollar dürfen keine Gebrauchspuren aufweisen und sollten passend, sowie vorzugsweise in 50er- und 100er-Noten vorhanden sein.
Für uns als EU-Bürger war das wie folgt:
Nr. | Name | Kosten | Anmerkungen |
---|---|---|---|
01 | Marokko | – | – kein Visum nötig für EU-Bürger |
02 | Mauretanien | 55 € pP | – 30 Tage |
03 | Senegal | – | – Visum-frei für EU-Bürger |
04 | Gambia | – | – kein Visum nötig für EU-Bürger |
05 | Guinea Conakry | 81.89 US$ | – e-Visum; wenn am Schluss des e-Visum-Antrags der Bezahlvorgang nicht klappt, dann Einträge auf Leer- und Sonderzeichen prüfen bzw. diese löschen; |
06 | Sierra Leone | 80 US$ pP | – 500 neue Leonies Straßengebühr |
07 | Liberia | 150 US$ pP | – inkl. Eilzuschlag |
08 | Côte d’Ivoire | 58 € pP | – e-Visum online: 58 € pP |
09 | Ghana | 70 US$ + 30 US$ Eilzuschlag pP | – 3 Monate |
10 | Togo | 25.000 CFA pP | – 12 Tage |
11 | Benin | 50€ pP | – e-Visa |
12 | Nigeria | 108 US$ (Visum plus Gebühr) pP | – 220 € (2 Mio GNF bar) pP |
13 | Kamerun | 153€ pP | – e-Visa |
14 | Kongo Brazzaville | 100 US$ + 45 US$ Eilzuschlag pP | – neue Dollarscheine für Bezahlung |
15 | Kongo Kinshasa | 250 US$ pP | – 3 Monate |
16 | Angola | – | – Visum-frei für EU-Bürger |
17 | Namibia | – | – Visum-frei für EU-Bürger |
Die Visakosten pro Person lagen bei uns also bei etwa 1500€.
Der Ablauf an der Grenze kann variieren, je nachdem ob es eine polizeiliche Vorkontrolle, eine Nachkontrollen oder einen Impfcheck gibt. Wir haben auf „professionelle“ Helfer aber verzichtet und es immer hinbekommen. Meist haben wir ein bis zwei Stunden an den Grenzen verbracht inklusive Geldwechsel und Kauf einer SIM-Karte. Die mieseste Grenze war die von Marokko nach Mauretanien mit rund sieben Stunden und davon die meiste Zeit auf der marokkanischen Seite.
Zweimal wurde unser Auto gescannt, in Marokko und in Guinea Conakry.
Einige Grenzen waren so klein, dass wir kein Geld wechseln und keine SIM-Karte kaufen konnten. Zudem gab es Grenzen, an denen wir den Zöllnern erklären mussten, wie das Carnet de Passsage zu stempeln ist. Einige wenige Male musste der Stempel oder der Chef mit dem Stempel erst gesucht werden. Und manchmal mussten wir die Mittagspause oder die Gebetszeit abwarten.
Diesel für 28.111 km
Neben den Visa der Hauptkostenfaktor unserer Reise. Auf Grund der schlechten Dieselqualität und auch wegen der Nichtverfügbarkeit von Adblue haben wir eine Modifikation gewählt. Informationen dazu siehe hier.
In Sand von Mauretanien stieg der Verbrauch rapide, die nächste Tank-Option sollte man immer im Blick haben.
In Guinea Conakry gab es wegen einer Explosion von Treibstofftanks eine Krise, die Verfügbarkeit von Treibstoff war eingeschränkt. Wir hatten keine Probleme, bei Benzin für Motorräder war die Lage einige Zeit kritisch.
In Nigeria mussten wir 60 Kilometer zurück fahren um zu tanken und haben mehr Reserven aufgenommen, da wir nicht sicher sein konnten, wie die Situation in Richtung der Grenze zu Kamerun ist.
In Kamerun und den Kongos ist die Verfügbarkeit von Diesel tagesabhängig. Wir haben immer getankt, wenn es möglich war (unser Tank fasst 140 Liter) und hatten 30 Liter Reserve dabei.
In Angola ist das Tanken erfreulich preiswert! Ansonsten waren es doch meist um die 1 Euro bis zu 1,50.
Money, money, money
Den Aufwand für die Beschaffung von Bargeld haben wir unterschätzt.
Von Mauretanien bis Kongo Kinshasa war es kaum möglich, mit Kreditkarte zu bezahlen.
Eine ausländische Visakarte funktioniert nicht an allen ATM. Am verläßlichsten war für uns die Ecobank. Die Kosten für die Abhebung schwanken von Bank zu Bank und auch die Ecobank war nicht immer kostenfrei.
In einigen Ländern bekommt man pro Abhebung nur den Gegenwert von 20 Euro oder etwas mehr, weil eine größere Menge an Geldscheinen nicht durch den Schlitz des Automaten passt.
Wir haben uns also im Laufe der Reise einen Account bei Western Union eingerichtet und werden für künftige Reisen prüfen, ob es weniger kostenintensive Optionen gibt.
In der Regel haben wir an den Grenzen Bargeld getauscht zu mehr oder weniger guten Kursen. Und wir haben sehr schnell aufgehört, über die „Nebenkosten“ der Geldbeschaffung nachzudenken – hilft ja nix.
Sehr speziell ist Liberia. Die eigentliche Währung ist der US-Dollar. Der liberianische Dollar ist ausserhalb Liberias nichts wert und wird nicht gehandelt. Wir haben also rund 2 cm übrig (rund 40 Euro). Dafür bekommt man in Liberia US-Dollar, was für uns hilfreich war, denn wir hatten nicht so viel Bargeld dabei.
Eine Besonderheit beim US-Dollar: Alte Noten (vor 2017) sind zwar in Amerika weiterhin gültig, in Westafrika will sie – ausser in Liberia – keiner. Banken nehmen die alten Scheine gar nicht, Händler tauschen sie nur mit deutlichem Abschlag bzw. im Bündel mit neuen Euro.
Schmiergeld und Geschenke
Wir mussten in Dakar eine Strafe von rund 15 Euro zahlen für „Handy zu nah am Ohr des Fahrers“ – ohne Quittung. Ansonsten haben wir es geschafft, keinerlei Schmiergeld zu bezahlen. Durch Mißverstehen, durch Nichtverstehen, durch Ingnorieren, durch Aussitzen.
Die Armut ist krass und wir sind wohlhabend – das sind Tatsachen. Somit sind wir für alle Menschen in Westafrika die wandelnde Geldbörse mit unerschöpflichem Budget.
Die Bettelei von Kindern nach Geld oder Essen ist wie ein Reflex. Manchmal wurden wir nach Essen gefragt obwohl die Menschen etwas zu essen in der Hand hatten.
Aber auch, wenn es sich immer wieder hartherzig anfühlte, wir haben uns an den Rat gehalten, keine Geschenke zu verteilen, um das System der Bettelei nicht zu unterstützen.
Keine Angst
Wir haben uns fast überall auf der Reise willkommen gefühlt. Wir haben zu keinem Zeitpunkt der Reise Angst gehabt.
Allerdings haben wir auch eine Zeit lang nicht wild gecampt. Von Guinea Conakry bis Benin wurden die Gelegenheiten wegen der Besiedlungsdichte seltener, wir haben uns aber auch nicht so viel an Stränden aufgehalten, wo man eher „mal so“ stehen kann. In Nigeria, Kamerun und den Kongos haben wir aus Sicherheitsgründen Areale gesucht, die geschlossen bzw. bewacht sind.
Schlafen unter Sternen
Wir haben 172 Nächte in unserem Dachzelt gut geschlafen. Nur ein paar Nächte in den Tropen waren uns zu heiß. Da half dann auch unser Miniventilator nicht. Dafür wir haben fast immer einen fantastischen Sternenhimmel genossen.
Fünf Nächte sind wir auf unserer Reise privat untergekommen, 33 Nächte haben wir in Hotels oder B&B verbracht, weil wir in Großstädten waren, waschen mussten, das Auto in die Werksatt musste bzw. wir Malaria hatten.
In Hotelzimmern benutzt man entweder eine Klimaanlage (die auf 17 Grad voreingestellt ist) oder die Räume sind muffig und stickig. Im Dachzelt gab es wenigstens oft noch eine leichte Brise.
Viele Hotel-Betten mag man eigentlich nicht benutzen. Wir haben auch erlebt, dass Bettwäsche garnicht gewechselt wurde. Für richtig gute Hotels zahlt man annähernd europäische Preise.
Klassische Campingplätze gab es zwischen Senegal und Angola nicht. Die Alternative sind Hotels oder Bungalowanlagen, auf deren Parkplätzen man stehen kann. Es wird dann ein Raum oder Bungalow für die Overlander geöffnet.
Und erfreulicher Weise darf man an einigen Orten am Strand neben Restaurants stehen und deren Sanitäranlagen benutzen.
Ein interessantes Phänomen ist, dass nicht nur wir sondern auch andere europäische Reisende gerne christliche Anlaufstellen aufsuchen obwohl die meisten den Glauben nicht praktizieren. Für uns hat es damit zu tun, dass wir eine Vorstellung haben, was uns erwartet und es in der Regel sehr friedliche Orte sind.
Essen und Trinken
Die Reise war in großen Teilen für unsere Massstäbe kein kulinarisches Highlight.
Wir hatten Phasen, in denen wir viel selber gekocht haben und andere, in denen wir uns haben bekochen lassen.
Fisch war, wenn es ihn gab, immer lecker und gut zubereitet.
Der Standard beim Essen bestellen war Huhn mit Reis und … Das „und“ bestand manchmal nur aus Gewürzen im Reis oder Zwiebelsauce, manchmal aus etwas Gemüse.
Was wir immer gerne gegessen haben war Jollof-Reis, weil gut gewürzt, und Gerichte aus Cassava-Blättern (Maniok). Maniok und Jams als Wurzelgemüse ist sehr unterschiedlich lecker, je nachdem, wie es zubereitet ist. Von Fufu kann man auch schnell genug haben. Da mögen wir das südafrikanische „Papp“ (Mais) eigentlich lieber.
Am leckersten gegessen haben wir in Ghana und Togo, wo es auch tolle Gerichte ohne Fleisch gab.
Die Supermärkte in großen Städten haben wir genutzt um unsere Vorräte aufzufrischen, seien es Konserven, sei es Müsli (teuer) oder Espresso. Den besten Kaffee hatten wir übrigens in Kamerun!
Was es immer zu kaufen gab waren Brot (wenn auch oft mit gummiartiger Konsistenz), haltbare Milch, Eier (oft gekocht), Wurzeln. Oft gab es auch Kürbis, Gurken, Möhren und Tomaten, Kochbananen.
Bananen gab es fast überall, wobei wir die kleinen gelben am leckersten fanden und im übrigen das Geheimnis der Haltbarkeit ein Rätsel bleibt – mal so, mal so.
In einigen Regionen waren Avocado fantastisch, Passionsfrüchte eine Entdeckung, Ananas und Papaya gerade richtig.
Ein Problem beim Einkaufen an der Straße war eher die Menge – wir konnten keine ganze Bananenstaude gebrauchen und auch keinen Eimer Avocados.
Übrigens: Trinkwasser haben wir überall bekommen. Wenn man kleine Gebinde oder gar die alles vermüllenden Plastiktütchen vermeiden möchte, muss man etwas vorplanen.
Nicht immer gesund und munter
Wir haben uns gut vorbereitet und alle wichtigen Impfungen gemacht ausser der (noch neuen) gegen Denguefieber.
Das beherrschende Thema ist Malaria. Auf Empfehlung unseres Tropenmediziniers haben wir wegen der langen Reisezeit auf Prophylaxe verzichtet, dafür Tabletten zur Behandlung und Selbsttest mitgenommen.
Als uns Malaria erwischt hat, wurden wir gut behandelt und unserer Erfahrung nach können wir sagen, dass man fast überall in Westafrika Medikamente dagegen bekommt. Nur wenn man in wirklich einsamen Gegenden ist, braucht man Tabletten zur Selbstbehandlung. Eine geeignete Menge eines Medikamentes für eine Langzeitprofphylaxe vor Ort zu bekommen ist allerdings nicht einfach.
Der Arzt, der uns behandelt hat, hat uns darauf hingewiesen, dass Selbsttests nicht verläßlich sind. In ganz frühem Stadium oder bei zu hohen Werten funktionieren sie nicht. Sein Rat: Europäer sollen bei Fieber oder starkem Unwohlsein zum Arzt gehen, denn ggf. ist Eile geboten. Das scheint aus unserer Sicht sinnvoll, da wir lernen mussten, dass Malaria sehr unterschiedliche Symptome auslösen kann.
Übrigens: Repellent (vor allem das mit DEET) mag zwar vor Ort billiger sein, da aber in vielen Ländern kein Repellent benutzt wird, gibt es auch keines zu kaufen. Also unbedingt genug von zu Hause mitnehmen.
Wir hatten darüber hinaus eine gut ausgestattete Reiseapotheke dabei, haben aber nur ein paar Aspirin bzw. Ibu und etwas Desinfektionsmittel gebraucht. Zudem Elektrolylösungen und etwas zur Stabilisierung von Magen und Darm. Richtig doll hat uns das aber nur einmal in sieben Monaten erwischt.
Schweißtreibend
Fast jede/r plant eine Route unter Berücksichtigung der Regenzeiten, da man nicht auf matschigen Pisten feststecken möchte.
Somit hat man es mollig warm bis heißt und in den Tropen selbstredend eine hohe Luftfeuchtigkeit. Unsere Spitzenwerte waren 50 Grad in Mauretanien und 39 Grad in den Tropen bei 89 % Luftfeuchtigkeit. Da freut man sich, wenn man in den bergigen Regionen ab und zu Nachttemperaturen unter 25 Grad hat.
Bilder im Kopf
Normalerweise achten wir auf eine gute Qualität unserer Fotos. Auf dieser Reise haben wir weniger mit der Kamera fotografiert als sonst und sehr viel mehr mit dem Handy. Die Fotos haben eher dokumentarischen Charakter.
Menschen lassen sich nicht gerne ungefragt fotografieren und wir haben auf das heimliche ablichten von Personen weitgehend verzichtet. Auch bei Kindern fühlten wir uns nicht wohl dabei, einfach drauf zu halten. So fehlen viele Bilder, die wir im Kopf haben:
Menschen in unglaublich bunter und fantasievoller Kleidung. Tolle Hüte und Mützen trotz Hitze. Sonntagskleidung gerne auch mal im Partnerlook und Menschen, die sich für den Kirchgang herausputzen.
Ganze Familien zu viert oder fünft auf einem Motorrad.
Kinder, die schon mit geschätzten drei Jahren Wasser und Holz auf dem Kopf tragen. Die offensichtliche Armut in den Dörfern an der Straße.
Und: Viele Fotos sind unter den Bedingungen des Harmattan entstanden, einer Wetterlage die für diesiges Licht und schlechte Sicht sorgt.
Online sein
Für uns war absolut wichtig, online zu recherchieren und zu kommunizieren. Und somit musste in jedem Land eine neue SIM-Karte her. Gefühlt wurden wir dabei in etwa 50% der Fälle über den Tisch gezogen: Zu teuer, nur eine Woche gültig, weniger Daten als versprochen, mit einem privaten Account verknüpft, so dass Aufladen schwierig war. Aber der Kauf an der Grenze bei irgendeinem Dealer war in der Regel weniger kompliziert als der offizielle Kauf in einem Shop.
In Guinea funktionierten die Apps von sozialen Netzwerken nur über VPN.
Für Ghana hatten wir die erste eSIM unseres Lebens – teuer und mit nur mäßig guter Netzabdeckung.
In vielen Ländern aber hatten wir erstaunlich gutes Netz. Nur nie so gut, als dass wir große Datenmengen an Kamerabildern in unsere Datenbank hätten laden können.