Tag 07: Möðrudalur – Reykjahlíð, Mývatn

 

Dieser Tag soll der härteste meiner Reise werden. Gut, dass ich morgens noch nichts davon wusste.

Wir wollen heute versuchen ohne Gepäck zur Askja hin und zurück zu fahren. Wir kommen morgens nur allmählich in die Gänge, so dass es schon beinahe Mittag ist, als wir losfahren. Zunächst geht es erst mal an die sehr eigenwillige Tankstelle in Möðrudalur.

Zunächst ist die Schotterstrecke Richtung Süden/Askja nicht besonders schwierig. Wir überqueren zwei einfach Wasserfurten, die wahrscheinlich für Isländer nicht wirklich als solche zählen. Nach etwa 10 Kilometern geraten wir allerdings in sehr lockeren von Fahrspuren durchsetzten Schotter, in dem wir heftig ins Straucheln geraten und in dem Melanie leider stürzt. Glücklicherweise holt sie sich dabei nur geringfügige Blessuren und keine schwerwiegenden Verletzungen, desgleichen auch das Motorrad. Wir beschliessen, nach Möðrudalur zurückzufahren, wo wir uns erst mal vom Schreck erholen. Melanie und Marek beschliessen, eine weitere Nacht in Möðrudalur zu bleiben. Ich entscheide mich dafür, heute noch weiterzufahren.

Mein Plan heißt nun, zum Dettifoss, einem eindrucksvollen Wasserfall, und vor dort aus weiter nach Norden zu fahren, wo ich von einem Campingplatz in dern Nähe der Ásbyrgi-Schlucht gelesen habe, auf dem ich übernachten will.

Die Strecke von Möðrudalur bis zur Ringstraße sind etwa 10 Kilometer einfacher Schotter. Die Ringstraße verlasse ich aber bereits nach etwa 20 Kilometern schon wieder, um die 864 zu nehmen, die auf Schotter zur östlichen Seite des Dettifoss führt. Auf dem etwas rütteligen Schotter fangen auch schon meine Probleme an. Das Garmin lädt nicht mehr und schaltet sich daher irgendwann ab. Es ist schon mal vorgekommen, dass die Kontakte des Garmin kurz unterbrochen waren, aber dieses Mal bekomme ich es durch einfache Maßnahmen nicht wieder zum Laufen. Nun ja, nicht so schlimm, man kann sich hier kaum verfahren. Ich will mich am Abend um die Ursache kümmern und fahre weiter.

Vom Parkplatz am Dettifoss muss man noch einen Spaziergang machen, bis man eine wirklich gute Sicht auf den Wasserfall bekommt. Ich halte mich aber nicht zu lange auf, denn ich will noch weiter. Zurück auf dem Parkplatz spricht mich ein Franzose an, der mir erklärt, dass er mich schon vor der Fähre gesehen hätte und mein Problem mit dem Motorrad beim Boarding mitbekommen hat. Tatsächlich schickt mir Denis später ein Foto von mir mit dem Motorrad vor dem Check-in in Hirtshals.

Kaum ein paar Kilometer später, bei einem Abzweig zu einem weiteren Wasserfall, treffe ich Denis & Patricia noch einmal. Denis macht noch ein Foto von mir, kurz bevor ich weiterfahre. Und hier starten meine Probleme so richtig. Als ich losfahre, geht mir die Maschine einfach so aus, ich muss richtig viel Gas geben, damit sie mir in den unteren Gängen nicht abstirbt.

Zunächst vermute ich, dass vielleicht der Luftfilter verstopft ist, denn der Motor stirbt immer nur in den kleinen Gängen bei geringeren Geschwindigkeiten ab. Aber so richtig glaube ich nicht an diese Ursache. Sehr verunsichert fahre ich weiter nach Norden. Sehr bald beschliesse ich wegen des Problems direkt auf der Straße westlich des Dettifoss zurückzufahren, da es in dieser Gegend nicht wirklich viel Infrastruktur gibt und ich mir eher Hilfe am Mývatn verspreche, einem wegen der geothermischen Vorkommen in der Nähe touristisch gut erschlossenem See an der Ringstraße. So fahre ich also ohne Unterbrechung zum Tanken (ich rechne mir aus, dass der Tankinhalt noch gut reichen müsste) an der im Norden gelegen Ásbyrgi-Schlucht vorbei gleich wieder nach Süden auf der geteerten 862. Irgendwie habe ich aber den Gegenwind nicht einberechnet oder die Maschine benötigt wegen der Fehlzündungen auch mehr Benzin als sonst. Auf jeden Fall geht die Tankanzeige viel zu schnell runter und so schaffe ich es nach etwa weiteren 100 Kilometern mit den letzten Tropfen auf die Tankstelle in Reykjahlíð am Mývatn.

Dort tanke ich erst mal nur ein paar Liter auf, aber ich muss die Maschine danach schon auf den Parkplatz schieben. Ein wenig verzweifelt spreche ich einen isländischen Motorradfahrer an, der gerade dort neben seinem Motorrad sitzt und sich mit seinem Mobiltelefon beschäftigt. Ich schildere ihm auf Englisch mein Problem. Er gibt mir zu verstehen, dass er verstanden hat, auch wenn er selbst nicht Englisch spricht bzw. sprechen mag. Er schaut offensichtlich auf seinem Handy nach bekannten Problemen mit meiner Maschine und fragt mich, ob vielleicht der Sicherheitsschalter des Seitenständers die Ursache sein könnte. Ich weiss es nicht wirklich, habe aber auch schon von diesem Problem gehört. Er ruft noch einen Freund vor Ort an, der aber noch beim Abendessen ist, danach aber vorbeizukommen verspricht. Wir probieren uns schon mal an der Demontage des Schalters am Seitenständer, was uns aber nicht gelingt, da wir nicht das passende Werkzeug haben.

Nach einer Weile kommt auch der lokale Kumpel namens Omar vorbei. Gemeinsam entscheiden wir, die Kabel am Seitenständer zu kappen und kurzzuschliessen. Das gelingt nicht gleich, das wir nicht alle Kabel zusammenschliessen sondern nur zwei. Dazu kommt, dass nach einigen Startversuchen auch die Batterie wieder schlapp macht. Omar fährt kurz los und kommt nach ein paar Minuten wieder mit einem Starterpack zurück. Zwischendurch rufe ich auch meinen isländischen Freund Guðmundur in Reykjavík an, der sich mit BMW Motorrädern auch gut auskennt und der sich ein wenig mit meinen beiden Helfern unterhält, die nicht so gerne Englisch reden. Guðmundur meint, dass ich bei den beiden in guten Händen bin, was sich als mehr als richtig erweisen soll.

Leider stellt sich heraus, dass der Sicherheitsschalter am Seitenständer nicht die Ursache ist. Die Maschine springt an, aber sobald ich losfahren will, geht sich plötzlich wieder aus. Nach einigen Versuchen stellen wir fest, dass die Maschine ausgeht, sobald ich den Lenker etwas stärker einschlage. Das Problem liegt also wohl an irgendeinem Kontakt bzw. an einem Kabel, das vom Lenker bewegt wird. Omar schlägt vor, dass wir in seine nahegelegene Garage fahren. Nachdem die Maschine noch einmal startet, fahre ich mit möglichst geringsten Lenkeinschlägen und ohne Blinkerbenutzung ihm zu seiner glücklicherweise nur ein paar hundert Meter entfernten Garage. Diese stellt sich als komplett ausgestattet heraus. Alles professionelles Werkzeug ist vorhanden.

Zwischenzeitlich habe ich auch noch Oliver angerufen, da ich weiss, dass er, seine Familie und Markus wohl auch hier am Mývatn sein wollten. Ich habe Glück. Sie sind auch da, unternehmen aber gerade eine Wanderung um einen nahegelegenen Krater und wollen später vorbeikommen.

Mit Omar und dem Motorradkumpel versuchen wir uns an der Ursachenforschung. Zunächst findet der Motorradkumpel einen abgebrochenen Stecker an der Batterie, der aber zum Stromanschluss des Garmin führt und somit schon mal das Problem mit dem Garmin erklärt. Der Anschluss ist schnell wiederherstellt. Die weitere Suche rückt dne Zündschlossschalter und ein Kabel, das zu ihm führt, in die nähere Auswahl. Dann kommen auch Oliver und Markus vorbei. Oliver fährt recht bald wieder zum Campingplatz, aber Markus bleibt und hilft bei der Fehlersuche. Ein großes Glück, denn Markus hat von Beruf aus große Erfahrung mit elektrischen Anlagen. Wir bauen den Zündschlossschalter aus, der dabei allerdings zu Bruch geht. Nach einiger weiterer Suche stellt sich aber deutlich heraus, dass die Ursache ein Kabelbruch im zum Zündschloßschalter führenden Kabel und dort ausgerechnet dem Power-Kabel ist. Nachdem es schon spät ist, beschliessen wir, den Tag damit erst mal zu beenden. Omar bietet uns großzügig an, dass wir am nächsten Morgen seine Garage weiter nutzen können und das Motorrad stehen lassen können. Da er selbst arbeiten muss, gibt er uns seinen Pin-Code für die Öffnung der Garage. Großartig!

Oliver holt uns und meine Motorradkoffer etc. ab und bringt uns zum Campingplatz, wo ich beim Aufbauen des Zeltes Hilfe von Olivers Tochter erhalte und von der Familie großzügig mit Dosenkost verköstigt werde. Es war ein sehr, sehr langer und aufregender Tag.