Ruanda
Ruanda überrascht uns, aber eigentlich hatten wir auch keine genaue Vorstellung.
Ruanda ist das Land der tausend Hügel. Es ist grün und bis auf das letzte Fitzelchen Land bewirtschaftet, bis in hohe Höhen. Es gibt ein paar Nationalparks, die wir aber auslassen. Von African Parks verwaltet ist uns das alles zu teuer.
Ruanda wirkt vergleichsweise entwickelt, auch wenn die Lebens- und Arbeitsbedingungen hart sind. Das meiste ist schwere Handarbeit. Es gibt kaum privaten Autoverkehr. Vieles, auch große Lasten, werden mit Fahrrädern transportiert. LKW und Busse sind meist alt. Aber: Viele Straßen sind geteert, es gibt Seitenstreifen für Fussgänger und Radfahrer, Ampeln, Geschwindigkeitsbeschränkungen (deutsche Blitzer-Säulen!) und Zebrastreifen. Straßenlaternen. Nette intakte Häuschen mit gepflasterten Vorhöfen. Keinerlei Müll. Papiertüten statt Plastiktüten.
Und es scheint eine Art Mittelschicht zu geben, die am Wochenende aus Kigali „ins Grüne“ fährt, wandern geht, Volleyball spielt, sich mit Freunden zum Essen trifft.
Trotzdem ist es eine idiotische Idee, Flüchtlinge aus Europa hierher bringen zu wollen. Ruanda hat jetzt schon mehr als die doppelte Bevölkerungsdichte im Vergleich zu Deutschland und kann gerade mal so seine Menschen ernähren.
Und Ruanda hat ein nationales Trauma, das auch nach 30 Jahren noch sehr präsent ist: Den Genozid an den Tutsi 1994. Innerhalb weniger Tage wurden nach Schätzungen eine Million Menschen im Blutrausch brutal abgeschlachtet, bevorzugt mit der Machete. Die Vorgeschichte ist eine komplizierte und hat auch viel mit dem Kolonialismus der Deutschen und Belgier zu tun. Mit der Etablierung der Unterscheidung in Tutsi (hat mehr als 10 Kühe) und Hutu (hat weniger als 10 Kühe) wurde aus einem ökonomischen System ein ethnisches (per Geburt und Pass zugewiesenes) der Bevorzugung und Benachteiligung. Daraus resultierend Vertreibungen, Flüchtlingsströme, Radikalisierung. Untätigkeit der ehemaligen Kolonialmächte und unheilvolle politische Einflussnahme der UN-Truppen Frankreichs.
Wir haben zwei (von vielen) Genozid Gedenkstätten besucht. In Kigali geht es – neben dem Gedenken an rund 250.000 Tote – mehr um die Geschichte an sich. In Murambi wird immer noch daran gearbeitet, Tote zu identifizieren und Gebeine zu konservieren. Im übrigen mit Hilfe der Hamburger Uni. Viel ist von den mehr als 20.000 Toten dort nicht mehr übrig, weil die klimatischen Bedingungen die komplette Verwesung extrem beschleunigen. Den wenigen Mumifizierten aber sieht man Qual, Angst, Schmerz noch heute an. Sehr berührend.