2017/09/24

Tag 57: Belgorod - Kiev

 

Es zieht mich nach Hause und so fahre ich heute weiter Richtung Westen. Ich will zeitig aufbrechen und so frühstücken wir schon früh. Immerhin habe ich heute noch mal einen Grenzübertritt und etwa 550 Kilometer vor mir.

Eigentlich will ich über Sumy (in der Ukraine) Richtung Kiev fahren. Am Vorabend haben wir darüber gesprochen, ob wohl der Grenzübergang in dieser Richtung international geöffnet ist, konnten aber keine Information darüber finden. Also mache ich mich erst mal los in Richtung Grenze. Dort allerdings komme ich schon nicht am ersten Schlagbaum vorbei. Ein einigermassen gebrochen Englisch redender junger Vorgesetzter wird gerufen, der mir auseinandersetzt, dass dies ein bilateraler Grenzübergang nur für Russen und Ukrainer ist und ich zu einem Grenzübergang etwa 50 Kilometer weiter im Süden fahren müsse, der international sei. Tja, hilft nichts. Den Umweg muss ich nun mal machen.

Dort passiere ich ohne weitere Probleme die Einlasschranke, allerdings stosse ich da auf einen Zollbeamten, der offensichtlich ein Überbleibsel aus den Zeiten der Sowjetunion ist. Erst mal muss ich alles mögliche an Taschen und Koffern aufmachen, um diesem völlig spassfreien Zeitgenossen Genüge zu tun. Dann erst will er meine Dokumente sehen und macht eine noch säuerlichere Miene als eh schon, da er der Meinung ist, dass ein Zollformular für Russland fehlen würde. Das erklärt er mir in feinstem Russisch, was ich natürlich nicht verstehe. Ein weiterer Grenzbeamter, der weit mehr in der Jetztzeit zu leben scheint, versucht mir mit ein paar Brocken Deutsch, das Problem zu erklären. Ich wiederum versuche dem Grenzbeamten auseinanderzusetzen, dass das Importformular von Kasachstan ja wohl auch für Russland gilt, da Kasachstan und Russland eine Zollunion bilden. Das scheint dem Fossil nicht bekannt oder er ignoriert diese Tatsache einfach und setzt weiterhin seine sauertöpfische Miene auf. Da sich nichts bewegt, versuche ich eine Textnachricht an Brigitte zu senden, damit sie schon mal die Kontaktdaten der deutschen diplomatischen Vertretung raussucht. Dann verschwindet der Zollbeamte plötzlich und kommt nach einer Weile mit einem deutlich jüngeren Vorgesetzten wieder, der allerdings auch nicht ein Wort Englisch spricht, mir aber nach kurzem bedeutet, dass alles klar sei. Nun, sag ich doch! Wird doch wohl nicht das erste Mal sein, dass jemand über Kasachstan nach Russland einreist und dann über diese Grenze ausreisen will! Nun, fehlt nur noch die Passkontrolle. Das Mädel dort kann sogar Lächeln. Mann, das tut gut nach so einem Sauertopf!

Auf der ukrainische Seite der Grenze werde ich erst mal freundlich und mit ein paar Späßchen willkommen geheißen. Trotzdem tut man dort auch professionell seine Arbeit, ist aber schon in der Neuzeit angekommen. Unsicher im Englischen lässt einer der Grenzbeamten Google Translate für sich sprechen. Geht doch!

Nach der Grenze gibt es nur ein kleines offenes Café, in dem ich eine 1000-Rubel-Note in 400 ukrainische Griwna umtauschen kann. Der Wechselkurs ist nicht besonders günstig, aber was solls. So habe ich wenigstens ein bisschen Bares in der Tasche, denn hier im Osten ist es ziemlich ländlich und Geldautomaten kann ich hier keine erwarten.

Leider hat mich der Umweg und der Zoll-Kasper einiges an Zeit gekostet, so dass ich in der Ukraine leider dann doch ein wenig auf die Tube drücken muss, da ich sonst recht spät in Kiev ankomme. Ich hatte gehofft, dort eigentlich etwas Zeit zum Stadtbummel zu haben. Ich übertrete in der Ukraine die Verkehrsregeln mit einem etwas unguten Gefühl, da ich in der Vorbereitung doch das ein oder andere Negative über die Polizei hier gelesen habe, aber ich mache auch hier keine schlechten Erfahrungen, übertreibe allerdings auch nicht mit den Verkehrsverstößen. In Ortschaften und in der Nähe von Fußgängerüberwegen heisst es runter vom Gas.

So komme ich noch einigermaßen gut in der Zeit in Kiev an und schaffe es nach einer schönen heißen Dusche im Hotel gerade noch rechtzeitig zu Öffnungszeiten auf den Glockenturm der St. Sophia Kathedrale. Danach schlendere ich im Zentrum herum und schaue mir natürlich den berühmten Maidan, den zentralen Platz, an. Das sonntäglich abendliche Treiben ist sehr schön anzuschauen. Störend sind nur ein wenig die etwas aufdringlichen Betteleien, die mir ansonsten auf der gesamten Reise nirgendwo begegnet sind.

Die östliche Ukraine ist bettelarm. Das konnte ich an diesem Tag sehen. Kiev ist dagegen eine dynamische Stadt mit vielen Sehenswürdigkeiten, eine Stadt, in die ich hoffentlich eines Tages für einen etwas längeren Aufenthalt zurückkommen kann. Mir bleibt nur der kurze Eindruck dieses Abends.