Montag, 09.09.2013

Wir brechen heute auf mit dem Kosovo als Ziel. Zunächst suchen wir aber noch ein Frühstück. Wir sind noch zu früh (vor 8 Uhr) und daher müssen wir noch etwas die Kaimauer entlangflanieren oder wörtlicher herumscharwänzeln, italienisch cazzeggiare. Vom deutsch-italienischen Sprachaustausch bleibt gelegentlich auch bei dem Teutonen ein Vokabel hängen ;-).

Wir bekommen ein bescheidenes Frühstück. Der Cappucino ist weit von den italienischen Sehnsüchten eines Teutonen entfernt (mit Sahne! Igitt!) und das Süßgebäck probiere ich auch nur mal. Die Bedienungen sind leider in den touristischen Orten meist sehr schlecht, und Ohrid ist ein solcher touristischer Ort, ohne Frage!

Zunächst fahren wir am See entlang und entscheiden uns für eine Nebenstrecke zum ‪Mavrovo-Nationalpark‬. Wieder einmal haben wir eine tolle Strecke mit vielen Kurven und viel Fahrspaß. Wir fahren einige riesig große Stauseen entlang, die die Stromversorgung Mazedoniens sicherstellen und wegen ihrer Bedeutung darf man an einigen Stellen (Brücken bzw. Staudämme) auch nicht fotografieren. Auf einem Damm halten wir an und werden sofort von einem Wächter verscheucht.

Inmitten des Nationalparks nehmen wir zu Mittag am Mavrovo-See Verpflegung auf. Es gibt Pita, einen Blätterteigauflauf mit Käse- oder Spinatfüllung. Außerdem essen wir zum Nachtisch eine Baklava und trinken einen sehr leckeren Joghurt dazu.

Schon bald nach dem Mavrovo-Nationalpark nehmen wir die Autobahn für die restliche Strecke an Tetovo vorbei in Richtung Skopje. Wir nehmen den Umweg über Skopje in Kauf, da wir nicht wissen, ob der sehr kleine Grenzübergang bei Jazhince überhaupt passierbar ist. Das wäre wahrscheinlich die schönere Strecke, würde uns aber auch erheblich mehr Zeit kosten. Zwar müssen wir auf der Autobahn etwas Maut bezahlen, aber so kommen wir doch deutlich schneller voran.

Nordwestlich von Skopje, das wir auf der Autobahn umfahren, biegen wir ab auf die Landstraße zur Grenze zwischen Mazedonien und Kosovo. Hier gelten nun unserer beider grüne Versicherungskarten nicht, so daß wir bei der Grenzkontrolle zu einer Versicherungsagentur kurz zuvor zurückgeschickt werden, wo wir jeweils eine 15 Tage gültige Versicherung für 15 Euro abschliessen. Leider können wir nur mit Euro zahlen und werden so nicht unsere überzähligen mazedonischen Denar los (ca. 30 Euro), die wir trotz eines Tankstopps vor der Grenze und des üppigen Essens am Mittag nicht aufgebraucht haben. Deshalb steuern wir gleich den ersten Laden einen Steinwurf nach der Grenze an und ich frage (auf Englisch), ob ich die Denar gewechselt bekomme. Kein Problem. Ich bekomme sogar einen sehr akzeptablen Kurs und zu unserer Überraschung in Euro. Der Euro ist auch hier offizielles Zahlungsmittel wie schon auch in Montenegro, obwohl die Staaten nicht Mitglied der europäischen Währungsunion sind.

Grundsätzlich kann man praktisch in allen der bereisten Länder in den meisten Fällen auch mit Euro bezahlen. Wir haben es aber immer vorgezogen, einen Vorrat der national gültigen Währung dabei zu haben. Aber wenn man es darauf anlegt, wird man auch alleine mit Euro und einer EC-Karte durch die bereisten Länder kommen, nur vielleicht durch etwas ungünstige Wechselkurse beeinträchtigt.

Der Ladenbetreiber hat wohl meinen Mitfahrer vor der Tür Italienisch mit jemandem sprechen hören oder das Nummernschild seines Motorrads gesehen, auf jeden Fall fragt er mich, ob wir aus Italien kommen. Ich rufe meinen Mitfahrer herein, er ist mal wieder an der Reihe eine italienische Unterhaltung zu führen. Er erfährt einiges über die frustrierenden Zustände im Kosovo. Mit der Freiheit kommt auch immer gleich die Korruption und mafiöse Strukturen. Schon an der Grenzstation haben wir ein Schild gesehen, mit einer Telefonnummer für die Korruptionsanzeige.

Die Fahrt durch den Kosovo ist bis auf die Etappe durch den Nationalpark Šar_Planina in Richtung Prizren eher deprimierend. Mir kommt der überall herumliegende Dreck, die Armut und das Chaos auf den Straßen hier noch deutlicher vor als sonst auf unserer Reise. Außerdem wird überall auf den Feldern gerade etwas abgefackelt.

Vielleicht liegt es aber auch daran, daß wir den ersten Tag mit Bewölkung haben und ab und zu auch ein paar Regentropfen.

Doch zunächst kommen wir durch den Nationalpark Šar_Planina und haben einmal mehr schöne Ausblicke auf Berglandschaften. An einer Stelle machen wir einen kurzen Orientierungshalt und ich fotografiere eine Kuh, die sich dem Motorrad meines Mitfahrers neugierig nähert. Als ich auch noch ein Foto nach hinten von der Landschaft machen will, komme ich aus dem Gleichgewicht. Da ich an einer ansteigenden Stelle stehen, habe ich die Fußbremse bei laufendem Motor betätigt, stütze mich also nur links ab, dann noch umdrehen und fotografieren ... tja, wenn annähernd 300 Kilogramm mal anfangen umzukippen gibt es nur eines: Füße und Beine in Sicherheit bringen. Das Aufstellen der Maschine ist dank der Hilfe meines Mitfahrers recht leicht. Alleine hätte ich mich da schon schwerer getan. Aber außer leichten Kratzern an der Zylinderschutzverkleidung scheint nichts an der Maschine passiert zu sein. 

Der Kuhhirte, der das umherlaufende halbe Dutzend Kühe, bewacht, kommt neugierig auch auf uns zu und fragt dann nur "Deutsch?". Ich bejahe und frage ihn, ob er Deutsch spricht. Aber verneint schon und wendet sich wieder ab. Die Armut kann man ihm deutlich ansehen. Leider kommen wir mit diesen Menschen nicht ins Gespräch. Interessant wäre es schon. 

Kurz vor Prizren durchfahren wir noch ein recht eindrucksvolles Tal mit einigen in den Fels gehauenen kurzen Tunneln.

Ein Highlight im Kosovo ist für uns Prizren, das wir zwar nur durchfahren, doch schon die Straßen, die von Bäumen gesäumt sind und in denen ein sehr lebhaftes Treiben von meist recht jungen Menschen zu beobachten ist, hätte uns beide hier halt machen lassen, wäre es nicht noch viel zu früh am Tag.

So fahren wir weiter mit dem Blick auf die Bergzüge im Nordwesten, die die Grenze zu Albanien und Montenegro bilden, auf einer langweiligen und recht häßlichen Strecke Richtung Norden.

Der Pass kurz vor der Grenze zu Montenegro wird noch ein Höhepunkt des Tages. Die Strecke ist toll, aber leider bietet sich keine Möglichkeit zur Übernachtung, die wir hier gerne eingelegt hätten, den der Tag neigt sich schon dem Ende zu. So bleibt uns nichts übrig als über die Grenze bis in den ersten größeren Ort Rozaje zu fahren, in dem es nach Auskunft des Grenzbeamten ein Hotel geben soll. Den Pass hinab nach Rozaje fahren wir bereits in der Dämmerung und bei Ankunft des Ortsschildes ist es bereits dunkel. Zunächst suchen wir ein mit großen Schildern ausgeschildertes "Hotel Ambassador", der Name klingt ja eigentlich nicht schlecht. Die Beschilderung führt uns aber in eine Art Industriegebiet, naja, sagen wir mal eher eine Baubrache. Wir fragen Leute die uns begegnen und die bejahen, dass hier das Hotel sei, aber wir entscheiden schnell, daß wir hier auf keine Fall bleiben. Auf meinem Navi kann ich auch erkennen, daß wir noch nicht so richtig in Rozaje sind. Wir fragen noch mal an einem Laden, wo man uns bedeutet, noch ein wenig weiterzufahren. Schnell kommen wir in den Ortskern und fragen dort nochmals nach einem Hotel. Ein hilfsbereiter, ein wenig Deutsch sprechender Einheimischer weist und den Weg und begleitet mich in die Hotellobby. Das Hotel ist wirklich als solches eingerichtet und hat eine richtige Rezeption. Mit 60 Euro das Zimmer für die Nacht wird dies auch unsere teuerste Übernachtung, aber es ist schon spät und wir wollen auf keinen Fall noch weitersuchen. Wir können auf dem Hotelparkplatz parken. Der Rezeptionist zeigt uns das Zimmer und fragt, ob wir noch Duschen wollen. Wir bejahen. Er meint, daß es mit dem Wasser noch ein wenig dauert. Anscheinend muß erst mal das Warmwasser angestellt werden, was leider ziemlich lange dauert, so daß ich noch mal nachfragen muss, da nach den versprochenen 10 Minuten noch kein Warmwasser aus der Leitung kommt.

Währendessen stellt mein Mitfahrer fest, daß auch der Fernseher ausgefallen ist, der Rezeptionist kann mir allerdings auch nicht erklären, weshalb. Naja, aber sie bemühen sich.

Nach dem abendlichen Duschen sind wir uns einig, daß wir auf keinen Fall in diesem Geisterhotel zu Abend essen, sondern uns im Ort ein Restaurant suchen. Leider hat es etwas angefangen zu regnen und wir benötigen den Regenschirm meines Mitfahrers. So gehen wir erst mal quer über den Platz auf eine belebete Bar zu, vor der noch Leute außen sitzen. Wir sprechen einen Mann an. Aber er spricht weder Italienisch, Englisch noch Deutsch. Ok, mit Chinesisch versuchen wir er erst gar nicht. Aber er hat eine Idee und stürmt hinein ins Lokal, ich hinterher. Er spricht einen jungen Mann im Lokal an, der mir auf Englisch sagt, daß wir am besten nach draußen gehen, da es hier zu laut sei für eine Unterhaltung. Schnell stellt sich heraus, daß er auch fließend Deutsch spricht. Er hat 12 Jahre in Braunlage im Harz gelebt und hört auch meiner deutschen Aussprache an, daß ich nicht wirklich aus Hamburg komme.

Er gibt uns einen Restaurant-Tipp, das Restaurant "Gold", das wir mit Hilfe von nochmaligem Nachfragen recht schnell finden, und bietet uns an, jederzeit noch mal vorbeizukommen, wenn wir irgendwelche Probleme hätten, er müsse leider hier weiterarbeiten.

Die Bedienung im Restaurant "Gold" ist zwar wieder ausgesprochen freundlich, aber beherrscht leider keine der Sprachen aus unserem Angebot, obwohl er bei "Deutsch?" nickt. Aber glücklicherweise gibt es auch hier noch einen jungen Gast mit Englisch-Kenntnissen im Lokal, mit dessen Hilfe wir die Bestellung hinbekommen und sogar auch noch den WIFI-Zugang, so daß ich während des Essens wieder mal mit Brigitte kommunizieren kann, per Hangout in Google+. Sehr schön!

Satt und müde beugen wir uns dann noch über die Karte, um die Strecke für den nächsten Tag festzulegen.