Mittwoch, 04.09.2013
Am diesem Morgen machen wir uns nach dem Frühstück mit Hilfe unseres Trägers wieder zu den Motorrädern auf. Gerade wird ein Kreuzfahrtschiff auf Kotor ausgekippt. Gut daß wir uns jetzt gleich von diesem Ort verabschieden. Diese Unmengen von Touristen verschrecken uns doch etwas. Auch verzichten wir an dem zentralen Kiosk Wasser für die Fahrt zu kaufen. Es ist hier direkt vor den Kreuzfahrtschiffen um ein mehrfaches überteuert.
Wir entscheiden, an Fjord entlang weiterzufahren, auch wenn das ein deutlicher Umweg ist, aber der Ausblick von der herrlichen kleinen Straße auf den Fjord und die gegenüberliegende Küste macht ihn einfach lohnenswert.
Zwischendurch besorgen wir uns wieder einen Imbiß für die Fahrt. Unser Ziel für heute ist Krujë in Albanien. Ein wenig aufgeregt sind wir schon, als wir uns der albanischen Grenze nähern. Aber die Abfertigung an der Grenze ist hervorragend. Wir werden von den Zöllnern auf einen speziellen Motorradfahrstreifen unter der überdachten Zollstation gelotst und müssen nicht in der prallen Sonne in unserem Schweiß verdampfen. Ich fahre als erster in die Kontrolle. Bei meiner grünen Versicherungskarte ist Albanien mit aufgelistet, nicht aber auf der italienischen grünen Versicherungskarte. Daher haben wir eigentlich erwartet, daß mein Mitfahrer Probleme bekommt und gleich hier eine zusätzliche Versicherung abschließen muß, aber wir werden schon nach kurzer Zeit durchgewunken. Wir fragen uns noch einige Kilometer weiter, ob das jetzt denn die albanische oder die montenegrinische Kontrolle war, aber da keine weitere Kontrolle mehr kommt, sind wir eindeutig bereits in Albanien.
Das merkt man bald auch am Verkehr, vor allem dann, wenn dieser in Städten ein wenig dichter wird. Die Fahrweise ist dann doch noch einmal deutlich südländischer. Wir benötigen noch albanisches Geld (Lek) und mein Mitfahrer will auf jeden Fall noch eine Versicherung für Albanien abschliessen. Also fahren wir in die erste etwas größere Stadt Lezhë. Dort gehe ich in eine Bank, um Euros in Lek zu wechseln. In der Bank werde ich von einem Sicherheitsbeamten angesprochen. Er kann Deutsch und arrangiert für mich, daß ich gleich als nächster an der langen Schlange vorbei drankomme. Ruckzuck bin ich schon wieder mit einer Handvoll Lek aus der Bank draußen. Der Automat der Bank funktioniert nicht, so daß mein Mitfahrer kein Geld mit der Karte ziehen kann. Der Sicherheitsbeamte sagt, daß es sonst keine Bank hier gäbe. Treudoof glauben wir ihm und fahren weiter. Mein Mitfahrer fragt gleich an der nächsten Kreuzung nach einer italienischen Bank. Wir müssen einfach nur die Straße zurück. Einige Häuser weiter ist eine italienische Bank. F. geht in diese, da er hofft, dort auch eine Versicherung abschliessen zu können, aber er kann leider nur Geld am Automaten ziehen. Schon bevor er in die Bank geht, haben uns 3 Kinder entdeckt, die uns unter Bettelterror setzen. Es passiert uns eigentlich nur dieses eine Mal, daß wir während unserer Reise so massiv angebettelt werden. Ich beobachte, wie Einheimische mit den Kindern reden und ihnen auch was zu Essen geben (ich glaube, es sind ein paar Pflaumen). Ich habe den Eindruck, daß die Kinder nicht unbedingt vom Betteln leben, sondern daß dies eher eine Show ist, aber wirklich sicher bin ich nicht.
Als mein Mitfahrer aus der Bank kommt und am Automaten Geld zieht, fallen die Kinder über ihn her. Die Kinder nerven schon ziemlich, nur konnte ich, anders als mein Mitfahrer, ihnen gegenüber während der Wartezeit bereits eine stoische Haltung einüben. Wir fahren erst mal wieder los. Aber schon nach wenigen hundert Metern entscheiden wir, noch einmal zurückzufahren, damit F. doch noch eine Versicherung abschließen kann. Die Bankbeamtin hatte ihn an eine benachbarte Versicherung verwiesen. Die bettelnden Kinder sind glücklicherweise in der Zwischenzeit verschwunden. Die Versicherungsangelegenheit lässt sich nun schnell klären.
Während der Wartezeiten kann ich etwas das Leben auf der Straße beobachten. Immer wieder kommen Kleinbusse vorbeigefahren, die meisten voll besetzt mit Leuten. Der öffentliche Nahverkehr funktioniert in Albanien weitgehend privatisiert. Irgendwelche Kleinbusse mit ihrem Fahrziel auf notdürftigen Schildern hinter der Windschutzscheibe halten an, wo Leute an der Straße stehen und ihnen signalisieren, daß sie mitfahren wollen. Oft haben solche Fahrzeuge deutschsprachige Aufschriften, die auf ihre frühere Verwendung verweisen.
Auf der Straße sieht man viele Autos mit Kennzeichen aus Italien, Deutschland, Frankreich und Großbritannien. Dabei handelt es sich oft um gehobenere Fahrzeuge. Vermutlich gibt es doch einige zu Geld gekommene Auslandsalbanier, denn die Fahrer sehen ohne Ausnahme inländisch aus. Nicht selten sieht man aber auch Fahrzeuge ohne jegliche Zulassung und bei älteren Fahrzeugen mit ausländischen Nummerschildern vermute ich, daß diese inklusive Nummerschild irgendwann importiert wurden und nun einfach benutzt werden. Man legt mit Sicherheit keinen Wert darauf in Albanien in einen Verkehrsunfall verwickelt zu werden. Das dürfte eine ziemlich schwierige Angelegenheit sein.
Bald nach Lezhë verlassen wir die Hauptstraße, um auf einer Nebenstrecke Richtung Krujë zu fahren. Versehen mit Lek machen wir unseren ersten Tankstopp. Dabei verwickeln mich die herumsitzenden Leute (und davon gibt es immer viele) in ein Gespräch und der Tankwart verarscht mich ein wenig. Ich soll genauso viel wie mein Mitfahrer bezahlen, dessen Motorrad immer ein wenig mehr verbraucht als meines. Es geht nur um einen kleinen Betrag, weshalb ich keinen Aufstand machen will, eher amüsiert bin. Es wird eines der wenigen Male sein, in denen wir hereingelegt werden.
Die Wahl der Nebenstraße lässt uns allerdings dann doch das Schlimmste für die Fahrt durch Albanien befürchten, denn diese ist wirklich absolut schlecht und oft können wir nur Schrittgeschwindigkeit fahren. Man ist schon immer wieder erstaunt, wie die Kleinbusse über diese Straßen fahren. Vermutlich kennen die Fahrer jedes Schlagloch von ihren täglichen Fahrten. Einmal müssen wir auch eine Wasserstelle quer über der Straße passieren. Vorsichtshalber fährt erst mal mein Mitfahrer voraus. Er kommt gut durch, so daß auch ich folgen kann.
Bald kommen wir aber wieder auf eine bessere Straße die nach Osten hinauf nach Krujë führt. Bevor wir uns ein Hotel suchen, wollen wir noch die Burganlage besichtigen. Wir parken an einem von einem Parkwächter bewachten Parkplatz an einer recht steilen Zufahrt. Der Parkwächter versteht nicht viel, aber mein Mitfahrer bietet ihm etwas von seinen Mandeln an und ich von meinen Butterkeksen. Der Eintrittskartenverkäufer ist an unseren Motorrädern interessiert und macht sich an den Lenkern zu schaffen, was uns nicht wirklich gefällt. Das "non tocare" meines Mitfahrers scheint ihn aber nicht allzusehr zu interessieren. Es gelingt uns dann aber mehr oder weniger doch, klar zu machen, daß wir unter einer Parkbewachung auch vorstellen, daß die Motorräder nicht angefaßt werden. Naja, gut daß dies nicht einer Überprüfung standhalten muß!
Ein Hochzeitspaar kommt aus der Burg in traditioneller Kleidung, offensichtlich gerade vom offiziellen Fototermin. Ich lasse es mir natürlich nicht nehmen und mache auch ein Foto von den Beiden und wir wünschen ihnen im Namen Deutschlands und Italiens viel Glück.
Wir lösen eine Eintrittskarte und schauen uns ein wenig in der Burg um und geniessen die Aussicht Richtung Adria und den Blick auf Tirana.
Der Reiseführer empfiehlt uns das Hotel Panorama, das aber in der Zwischenzeit (der Reiseführer ist bereits 7 Jahre alt) deutlich erweitert hat. Wir kommen auf dem Weg von der Burg direkt an dem Hotel vorbei und können dort für 25 Euro pro Person und Nacht in einem recht neu ausgebauten Hotelzimmer luxuriös mit (etwas bescheidenem) Frühstücksbuffet am nächsten Morgen übernachten.
Den Namen Panorama trägt das Hotel wirklich zu recht. Vom Fenster und Balkon unseres Hotelzimmers (die Balkonbrüstung ist nur 20 cm hoch und es geht gute 6 Meter abwärts) haben wir einen wunderbaren Blick auf einen sensationellen Sonnenuntergang, den wir ausführlich geniessen, bevor wir uns auf einen Streifzug durch den Ort aufmachen.
Die Basarstraße hat schon geschlossen, interessiert uns aber eh nicht so sehr, da dort doch nur Touristenramsch verkauft wird. Also gehen wir die Fußgängerzone auf und ab und setzen uns in eine Bar und genehmigen uns ein Bier. Beim Bestellen hilft ein junger Albaner, der perfekt Italienisch spricht und in Bologna Jura studiert.
Wir beschliessen, im Hotel zu essen, was uns auch von dem jungen Albaner empfohlen wird. In der Hauptstraße gibt es kaum Restaurants, dagegen viele Bars und Cafes, die erstaunlicherweise auch zu jeder Tageszeit bestens besucht sind.
Wieder mal bekommen wir ein gutes und günstiges Essen. Überhaupt essen wir während unserer gesamten Reise immer vorzüglich. Nach dem Essen gönnen wir uns noch einen Digestif, einen Belinkovic (?) in derselben Bar, in der wir schon unseren Aperitif genommen haben.